Donnerstag, 4. Februar 2010

„Die maßlose Kaste der Frühpensionisten“

Profil, von Gernot Bauer und Eva Linsinger
Bravo, Gernot Bauer und Eva Linsinger und danke, dass Sie endlich den wahren Feind unserer Gesellschaft und vor allem der Jugend ausgespäht und dingfest gemacht haben!
Die maßlose Kaste der Frühpensionisten, die graue Gefahr. Grossartig! Dabei glaubte ich, dass Finanzkapital, Neoliberalismus, Alt- und Neofaschismus, Klimawandel und Achmedineschad unsere Welt in den Untergang ritten. Was da mit einem Wust von Zahlen, Statistiken und Promi-Zitaten verbrämt wird, ist nichts anderes als versuchte Volksverhetzung. Kohorten von Frühpensionisten und Langzeitrentnern rasen auf ihren Motorrädern, bewaffnet mit Golfschlägern und Carverschis, Luxusstaubsaugern und Tiefkühlgermknödeln zwischen Grammatneusiedl und Montafon durch die Lande, maßlos diebisch, plündernd und mordend, gar nicht so Golden, sondern grau, kleptomanisch, aussaugend, sittenwidrig, gierig die Jungen verschlingend. Währenddessen sitzt Bernd Marin nur noch wutschäumend in seinem Weinviertler Garten, die Politik hat versagt und zieht den Schwanz ein vor dieser Kaste der maßlosen Gerontokraten.
Nur die zwei edlen, tapferen Drachentöter G.B. und E.L. wagen es, sich dem grauen Ungeheuer (i.e. Frühpensionisten und Langzeitrentner) mit ihren Wortkeulen in den Weg zu stellen. Chapeau diesen offenbar zwei sehr Jungen! Hunde, wollt ihr ewig leben? Stirb schneller, Genosse! Wäre Masseneuthanasie angesichts dieses extremen Bedrohungsszenarios vielleicht nicht auch eine Möglichkeit? Vielleicht mit Germknödel?
Dabei komme ich gerade aus meinem Supermarkt, wo mir die Kassierin ihr Leid klagte, dass sie jetzt mit 51 Jahren in Rente geschickt wird, weil sie wegen ihres Rheumas weder die Kassa bedienen, noch auspreissen noch lagern könne, sie bringt`s nicht mehr, meint ihr Chef. Dabei sind ihre beiden Kinder noch in Ausbildung, und sie bräuchte das Geld (phantastische 997 € monatlich für 45 Stunden, von deren 65% sie sich einen wie von G.B. und E.L. geschilderten Lenz machen kann) so dringend. Sollen sie auch an der S-Kassa enden wie sie? Hätte ich den Profil-Artikel schon gelesen, müsste ich ihr eine passende Antwort nicht schuldig geblieben sein. Und gestern erzählte mir meine Schwester, dass es ihren Mann erwischt hat. Jetzt hat er einen Knacks weg, der derfängt sich nimmer. Der dänische Konzern hat den erfolgreichen 59-jährigen Manager in die Frühpension entlassen, weil seine Firma nach Deutschland verlegt wurde und er für den Neuanfang am neuen Standort zu alt sei.
Und erst meine Freundin vom ORF, die mit gerade 54 in den „golden hand shake“ (hausintern: der blecherne Fußtritt) gezwungen wurde, mit 50% ihrer Pension. Aber sie darf ja noch arbeiten, wenn die lebenslange Journalistin jemand nimmt. Beim Gedanken an das AMS verfällt sie in Depression und denkt an Selbstmord. Aber das sind ja nur 3 beliebige Beispiele, die nichts beweisen.
G.B. und E.L. sind sicher gebildet genug, um ihre Wortgeschwader vorher gegoogelt zu haben: Kaste- gleichgültig ob oberster Brahmane oder unberührbarer Harijan – man wird in das Kastensystem hinein geboren, dessen Grenzen für den Einzelnen unüberwindbar sind. Auf jeden Fall soll der Leser etwas durch und durch Negatives damit assoziieren. Oder Gerontokratie: da herrscht eine verschworene Gruppe von jungen Mummelgreisen über den Rest der Gesellschaft, saugt sie aus bis aufs Blut wie die Plutokraten oder Oligarchen. Fehlt nur noch das benachbarte Gefühlsfeld der Vampire. Und noch so ein Totschlagwort: Kohorte- eine römische Reitereinheit, laut Wikipaedia ihrem Führer durch und durch ergeben, für die es im Kampf kein Hindernis gibt. Da wären wir ja wieder bei den gierigen, brandschatzenden, plündernden, mordenden und sittenwidrigen Gray Boys&Girls.
Wenn irgendetwas sittenwidrig ist, dann dieser Artikel!

Keine Kommentare: